Gegen die starke Elf von Eisern Union Berlin kam der FC Sachsen
nur schwer ins Spiel. Nach schwachen Beginn bekam der FCS die Partie immer
besser in den Griff. Stefan Karau schloss einen schönen Angriff mit
schulmäßigem Kopfball ab.
Wenn die ganze Familie süchtig nach Fußball ist
Stefan Karau muss süchtig sein. Mutter Steffi, Vater Steffen, Opa und
Oma auch. Fünfmal in der Woche fährt er von Süptitz bei Torgau
nach Leutzsch 70 km hin und zurück - rund 35 000 km im Jahr. Das tut
sich der 17-Jährige nur an, um beim FC Sachsen zu spielen. Die ganze
Familie macht dabei mit. Und der 1,85 in große, Filius dankt es mit
guten Leistungen. Mit der B Jugend der Leutzscher wurde der Gymnasiast
Landesmeister und Regionalliga-Aufsteiger.
In dieser Saison kickt der junge Mann eine Etage höher, bei den A-Junioren
unter Trainer Hagen Schmidt. "Wenn ich mich richtig reinhänge, schaffe
ich es im ersten Jahr m dieser Altersklasse in die Stammelf", zeigt sich
Karau Junior optimistisch.
Die Fahrerei hört also nicht auf. Im Gegenteil, in Liga zwei der
18-Jährigen werden die Reisen zu den Auswärtsspielen noch länger.
Die Zeit zum Lernen kürzer. Denn Karau wird nichts geschenkt auf dem
Gymnasium in Torgau. "Ich will Profi werden. Aber die Ausbildung ist genauso
wichtig", verrät er seine "Strategie". Der Vater, Bauleiter in einer
kleinen Firma ergänzt: ,,Es kann so schnell mal etwas passieren beim
Sport. Stefan kann sich nicht nur auf den Fußball konzentrieren."
Der Aufwand, den die Karaus seit vier Jahren betreiben, ,,scheint nicht umsonst.
"Stefan ist zweikampfstark, er kann eine Mannschaft mitreißen", lobt
Steffen Hammermüller, Trainer, der B-Jugend seinen Ex-Schützling:
"Er kann ein interessanter Mann für die Regionalliga werden." Vorgestern
erzielte er, beim 1:0-Sieg gegen Union Berlin übrigens ,das .goldene
Tor.
Bis zu einer eventuellen Profi-Karriere ist es indes noch ein weiter, mit
vielen Kilometern verbundener Weg, der jeden Morgen' um 6.30 Uhr beginnt.
Nach der Schule chauffiert die Großmutter den Kicker zum Bahnhof, wo
er in den Zug nach Leipzig steigt. Vom Hauptbahnhof geht die Reise per S-Bahn
nach Leutzsch. "Abends haben wir zum Glück keinen Aufwand. Da wird Stefan
mit einem Bus des FC Sachsen wie andere Teamkollegen nach Hause, gebracht",
ist die Mutter froh. 20.30 Uhr ist er meist zu Hause. Die Nase voll von diesem
Stress hat er bisher kaum. "Es ist doch mein Hobby."
Härtefälle sind Auswärtsspiele. "Da kann es passieren, dass
wir um 5 Uhr aufstehen, um Stefan nach Leipzig bringen. Von dort geht die'
Reise für ihn richtig los", sagt seine Mutter. Bei den
,,familienfreundlichen" Anstoßzeiten um 12 Uhr ist der junge Mann dann
wenigstens um 20 Uhr daheim. Die Kosten für die Bahn bezahlt der FC.
Sachsen, den großen Rest die Karaus.
Für die "Family" sei das alles keine Belastung, betont Steffi Karau.
"Mein Mann und der Opa fahren, zu jedem Spiel. Aus Interesse. Stefan kann
sich voll auf Fußball und Schule konzentrieren." Trotzdem legt Frau
Karau besonderen Wert darauf, "dass Stefan jederzeit aufhören kann,
wenn es ihm zu viel wird. Wir haben ihn nie zum, Sport gezwungen." Aber Karau
Junior ist ja süchtig. Nach Fußball. Eine schöne Sucht.