Die Tragik des besten Leutzschers
Leipzig. Ein Wetter, um Helden zu zeugen: Frühlingshafte 45 Minuten
lang wähnten sich die 12.233 Zuschauer bei einem Kick der Stadt- oder
Rheumaliga - null Chancen, null Tore, null Niveau: grausam! Hatten sich die
Fußballer des FC Sachsen und jene aus Münster die Nacht vorm
Abstiegsduell um die Ohren gehauen? Lähmte der Wetterumschwung? "Ich
bin in der Halbzeit auf die Barrikaden gegangen", so Sachsen-Coach Harry
Pleß. "So ging's nicht weiter. Wir haben ja nur einmal aufs Tor
geschossen." Mit Wiederbeginn schossen die Sachsen aus allen Rohren, erspielten
sich fünf, sechs Chancen, die auch Minderbegabte reingetan hätten.
Die Krönung wurde Sekunden vor dem Abpfiff gereicht, als Ronny Kujat
aus fünf Metern Preußen-Keeper Frederik Gößling
berühmt schießt und es fertig bringt, den zurückprallenden
Ball am 7,32 Meter breiten und 2,44 m hohen Kasten vorbeizuschaufeln. Aus,
vorbei, es bleibt beim 0:0 - wodurch der Abstand zum rettenden Ufer aus vier
Punkte gewachsen ist.
"Wahnsinn!", stöhnte Manager Uwe Thomas. "Den hätte ich reingemacht",
barmte Geschäftsstellenleiterin Elke Weiße, während Coach
Pleß gestenreich erklärte, mit welchen Extremitäten er das
Leder über die Linie bugsiert hätte. "Rechts, links, mit dem Knie,
Bauch, meinetwegen mit der Brust. So was habe ich noch nie gesehen." Dass
ausgerechnet Kujat den existenziell notwendigen Dreier auf dem Kerbholz hatte,
war tragisch. Der Torgauer war erneut bester Leutzscher, fightete, rannte
sich die Hacken ab, riss die Kollegen aus der Lethargie - und sich in der
90. Minute ins (sportliche) Unglück. Aufstiegsheld Kujat schlich lange
nach Ende des Abstiegsduells gramgebeugt aus dem Stadion, ein Fußballgott
im irdischen Tal der Tränen. "Ronny hat geheult wie ein Schlosshund",
berichtete Pleß, der den Seinen eine "sensationelle Einstellung"
bescheinigte (gemeint war der Tatendrang in Halbzeit zwei). "Mehr geht nicht.
Wenn Ronny das Ding reinmacht, hätten alle von der tollen 2. Halbzeit
geschwärmt. Ich kann meinen Jungs keinen Vorwurf machen. Das Leben geht
weiter." Jenes von Stürmer Denis Koslov ist seit gestern komplizierter
geworden. Der bisher unter Denkmalschutz stehende zehnfache Torschütze
wandelte wieder neben den Stiefeln, machte einzig in der 37. Minute auf sich
aufmerksam, als er nach einem Rempler von Heiko Kuhn Parterre ging und (zu
Recht) Elfmeter reklamierte. Für seinen Trainer grenzte der Part des
Russen an Arbeitsverweigerung. "Das war viel zu wenig. Denis ruht sich offenbar
auf seinen zehn Toren aus. Wenn er jetzt nicht imTraining Gas gibt, ist er
draußen."
Drinnen war gestern überraschend Stürmer Markus Richter, der seinen
prominenten Kollegen turmhoch übertraf (kein Kunststück ...). Es
gab weitere positive Momente. Die Abwehr stand sicher, statt des
unbeschäftigten Michael Rechner hätte man auch einen Stuhl ins
Tor stellen können. Regisseur Pino Canale steigerte sich nach miesen
Auftritten gegen Dortmund und Dresden, war Ballverteiler und
Fast-Torschütze. In der 71. Minute landete ein Freistoßknaller
des Italo-Belgiers an der Latte. Zehn Minuten vorm Ende legte Canale butterweich
auf den Schädel von Mark Zimmermann, der aus Kurzdistanz neben das Top
köpfelte. "Keine Frage, der muss rein", gab Zimmermann Offensichtliches
zu. Münsters Coach Hans-Werner Moors war der "sehr glückliche"
Punktgewinn fast peinlich. Wir müssen uns heute bei unserem Torwart
bedanken." Und bei Ronny Kujat.
Guido Schäfer
© Leipziger Volkszeitung
Ideenlos, Harmlos, Torlos! So steigt der FC Sachsen ab
Wieder steht der FC Sachsen mit leeren Händen da: nicht mal im Kellerduell
gegen Preußen Münster reichte es zu einem Sieg. Geschweige denn
zu einem Tor - 0:0...
" Wir brauchen drei Punkte, egal wie ", hatte Sachsen - Coach Harry Pleß
vorher Dampf gemacht. Deshalb neben Kujat, Zimmermann und Koslov einen vierten
Stürmer von Beginn an gebracht - Markus Richter aus der Landesliga -
Elf.
Und er haute sich vor 12.233 Fans voll rein. Rannte, ackerte, drängelte,
war geil auf Zweikämpfe! Hatte zudem zwei gute Chancen ( 24./ 63. ).
Das sind Typen, die die Leutzscher im Abstiegskampf brauchen. Von denen sie
aber zu wenig haben. Denn die Neuzugänge wie Verteidiger Mario Neunaber
( pomadig, unsicher nach vorn ) und Regisseur Pino Canale ( Spiel lief meist
an ihm vorbei ) wieder ohne Impulse. Und ohne Ideen gegen den Münster
- Beton. Immer wieder wurde der Ball blind und hoch nach vorn gebolzt ( Bergner!
). " In der Pause bin ich auf die Barrikaden gegangen ", berichtete Pleß.
Zumindest war danach mehr Power bei den Sachsen drin. Vom Gegner überhaupt
nix zu sehen. Pech, als Canale einen 20 m - Freistoss an die Latte zimmerte
( 72. ). Für Kujat gab es dann allerdings keine Ausrede mehr: erst schiesst
er aus 06 m Keeper Gößling an. Den Abpraller löffelt er aus
03 m rechts vorbei ( 90. ). Pleß: " Schwer, den nicht rein zu machen.
"
Kein Sieg gegen den Tabellenvorletzten, die direkte Konkurrenz ( Wattenscheid,
HSV, Köln ) siegte! Wie will man jetzt eigentlich da unten raus kommen?
Pleß: " Es kommen noch 13 Chancen. " Klingt nach Durchhalteparolen...
Adrian Wittwer
© Bild-Leipzig
Leutzscher erneut ohne Tor
Der FC Sachsen Leipzig bleibt weiter in höchster Abstiegsgefahr. Im
Kellerduell gegen Preußen Münster gab es eine Nullnummer.
Unterirdische erste Halbzeit
Die Leutzscher konnten in der ersten Hälfte nie ihre Nervosität
abstellen. Die erste Chance für die Gäste ergab sich dann auch
bezeichnender Weise aus einem verunglückten Rückpass von Kittler
(13.), den Antwerpen beinahe erlief. In der Folgezeit versuchten die Leipziger
etwas mehr Druck zu entwickeln, doch Zimmermann und Canale (15./18.) vergaben
bzw. verstolperten. Wie schon im Spiel gegen Dortmund fiel den Chemikern
ab der Strafraumgrenze nichts ein. Einzig Richter versuchte es mit Schüssen
(23./28.), die aber Gößling sicher parierte. Fast mit dem Pausenpfiff
prüfte Münsters Hayer bei einem schnellen Konter Rechner, der zur
Ecke klären konnte.
Chemie kämpft und vergisst das Toreschießen
Nach dem Wechsel erhöhten beide Teams den Druck. Ferl und Bergner versuchten
es aus der Ferne und verfehlten das Gästegehäuse. Münster
spielte überlegter, während die Leipziger es zu häufig mit
der Brechstange versuchten. So landeten die Schüsse von Zimmermann (58.)
und Canale (60.) in den Armen von Gößling. Richtig Pech hatte
Canale (70.) bei der größten Chance für Chemie, als sein
22-Meter-Freistoß an die Latte krachte. Auch in der Folgezeit erspielte
sich der FC Sachsen Chancen am Fließband. Münster konterte
gefährlich: So traf Bäumer (76.) aus zehn Metern den Pfosten. In
der Schlussphase versemmelten Canale (85.) und Kujat (88.) freistehend, Kujat
schoss gar aus vier Metern vorbei. Als der gleiche Spieler erneut freistehend
über das Tor köpfte, war die Nullnummer perfekt.
Das sagten die Trainer
Pleß (FC Sachsen): "Ich bin sehr enttäuscht. Mit der Einstellung
meiner Spieler bin ich dennoch zufrieden. Den leidenschaftlichen Kampf meiner
Mannschaft nach dem Wechsel muss ich loben. Die Chancenverwertung war aber
katastrophal. Richtung Kujats Doppelchance: Es war sehr schwer, da
vorbeizuschießen. Bei der Aufstellung (Koslov) werde ich sehr konsequent
sein. Ich habe mir den Koslov 45 Minuten angesehen, ihn dann rausgenommen.
Richter hat sich bemüht und alles gegeben. Mir tun die Fans leid, es
kommen aber noch 13 neue Chancen." (Die Fans skandierten zum Schluss: "Wir
wollen nach Leutzsch zurück.")
Moors (Münster): "In der ersten Halbzeit hat meine Mannschaft das Spiel
kontrolliert, aber trotz Chancen kein Tor gemacht. Die zweite Hälfte
geht klar an die Sachsen. Ich muss mich bei Keeper Gößling bedanken,
der Kujats Doppelchance zunichte machte. Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden."
© www.mdr.de
Mit Glück und Geschick zum 0:0
Leipzig. Zwar fiel das torlose Remis etwas glücklich aus, doch unverdient
war es keinesfalls. Preußen-Coach Hans-Werner Moors zeigte sich nach
dem 0:0 beim FC Sachsen Leipzig denn auch zufrieden: Ich bin glücklich
über den Punkt. Wir haben uns noch lange nicht aufgegeben.
Vor dem Anpfiff duellierten sich zunächst nur die Fans. Während
die 12233 Zuschauer siegessicher waren (Und wer verliert heute? Münster!),
entrollten die 50 getreuen Münsteraner, die ins nagelneue WM-Stadion
an die Pleiße gepilgert waren, ein Transparent mit der Botschaft Land
in Sicht wir leben noch! Das Team zeigte sich entschlossen, ging aggressiv
in die Zweikämpfe (Hauswald, Schyrba) und versuchte der Anfangsoffensive
der Leipziger zu trotzen. Die Hausherren, im 45000-Mann-Stadion noch nicht
recht heimisch geworden, drängten mit vier gelernten Stürmern auf
ein schnelles Tor. Vergebens. Kühn (gegen den Leipziger Youngster Richter)
und Niang (gegen Zimmermann) behaupteten sich, ließen nichts anbrennen.
Im Abwehrverbund standen wir lange Zeit sicher, bescheinigte Moors seiner
Verteidigung gute Noten. Und wenn doch mal etwas durchkam, fehlte den Leipzigern
die Torgefahr und das, obwohl Trainer Harry Pleß die gesamte Woche
über Torschüsse hatte üben lassen. Was ausnahmsweise Richtung
Tor flog, wurde vom sicheren Torwart Gößling gehalten. Moors:
Bei ihm und den Leipziger Stürmern können wir uns heute bedanken.
Zum ersten Mal parierte Gößling nach 20 Minuten einen Schuss von
Kujat. Doch danach übernahmen die Gäste das Kommando. Das Mittelfeld
bekam das Spiel immer besser in den Griff, Hayer dirigierte und setzte immer
wieder auf der linken Seite Bäumer ein. Hayer selbst versiebte die beiden
Chancen der ersten Hälfte; einmal schoss er übers Tor (30.), dann
hielt Leipzigs Keeper Rechner nach einem Freistoß aus 20 Metern.
Glück hatten der SC Preußen in der 37. Minute, als Schieri
Schempershauwe den Gastgebern einen Elfmeter verweigerte, als Schyrba den
Sachsen Koslov umriss.
In der zweiten Hälfte steigerte sich Sachsen Leipzig enorm, ein halbes
Dutzend gute Torchancen wurden herausgearbeitet. Doch alles Training unter
der Woche half nichts. Der Ball wollte einfach nicht über die Linie.
Ob Ferl (51., vorbei), Bergner (56., übers Tor), Zimmermann (60.,
abgeblockt), Richter (61., gehalten) oder Civa (70., gehalten) es war einfach
kein Durchkommen. Einmal stand den Gästen auch das Glück des
Tüchtigen zur Seite, als Canales Freistoß aus 22 Metern von der
Lattenunterkante ins Feld zurückprallte (71.).
Bei einem der wenigen Gegenangriffe hatten die Preußen schon den Torschrei
auf den Lippen, doch Bäumers Schuss knallte an den Pfosten und Abseits
war es auch noch (78.). Fast hätte es in der Schlussphase doch noch
im Preußen-Tor geklingelt, die Unfähigkeit der Leipziger Angreifer
aber verhinderte einen Torerfolg. Erst konnte sich Zimmermann die Ecke bei
seinem Kopfball freistehend aussuchen, doch er traf nicht einmal das Tor
(82.). Und Kujat, der in der letzten Saison noch 27 Tore geschossen hatte,
traf gleich zweimal nacheinander frei stehend aus vier Metern nicht.
Jens Fuge
© Westfälische Nachrichten
Gößlings Taten retten das 0:0
LEIPZIG. Der SC Preußen wird im knallharten Abstiegskampf der Regionalliga
weiter zu kratzen haben. Gestern geriet er gegen Spielende gehörig unter
Druck beim FC Sachsen in Leipzig und dankte vor allem Torwart Frederic
Gößling nach dem 0:0 am WM-Schauplatz Zentralstadion vor 12 233
Zuschauern.
Die Serie unter Trainer Werner Moors hat Bestand. Münster setzt jetzt
sechs Fußballspiele ohne Niederlage und zwölf Punkte gegen die
schwer abzutragende Bilanz der ersten 15 Spiele (acht Punkte) dieser Spielzeit.
Gestern mussten sich die Abstiegskontrahenten mit dem jeweils achten Remis
bescheiden. Spielerisch und in der planvollen Spielöffnung taten sich
die Kicker schwer " kein Wunder bei dem teils katastrophalen Geläuf.
Der nicht angewachsene Rasen war mühelos stückweise zusammenzuschieben
und so glich der Platz immer mehr einem zerfurchten und aufgewühlten
Feld. Besonders vor den Toren lief der Ball nicht und sprang dahin, wo er
wollte.
Bis vors Tor von Keeper Rechner kam Münster aber nur selten. Die an
Niveau im Offensivspiel arme erste Halbzeit hatte ihre Offensivhöhepunkte
in Fernschüssen von Fabrizio Hayer (30.) für Münster und durch
Markus Richter (24.) für den FC Sachsen. Richter, der der Landesliga-Zweiten
angehört, stürmte bei der stark ersatzgeschwächten Pleß-Elf
an der Seite des zur Pause ausgewechselten Denis Koslow. Der blieb wirkungslos
gegen die Preußenverteidiger. Insgesamt fehlte den Preußen der
Zug zum Tor. Die einzige Spitze Marco Antwerpen sollte von den hängenden
Halbstürmern Hayer und Hauswald unterstützt werden. Im Raum
diszipliniert agierte Münster und ließ noch nicht viel zu.
Das änderte sich, denn die Sachsen setzten sich nach der Pause mit Blick
auf ihren Fanblock in Szene. Die Preußen mussten Antwerpen
(Oberschenkelzerrung) aus dem Spiel nehmen (54.) und beinahe Peter Schyrba
auch, denn der wurde von Richter gnadenlos umgemäht. Spielleiter
Schempershauwe, ansonsten konsequent, hätte hier Rot zeigen können.
Über den Ex-Paderborner "Pino" Canale, der einige gute Anspiele drauf
hatte, kam Leipzig zu Szenen. Der 20-m-Freistoß des Technikers flog
abgefälscht an die Latte über Gößling (69.).
Die Entschlossenheit des FC Sachsen, dem Druck des Siegzwangs stand zu halten,
war jetzt spürbar. Das Zweikampfplus lag auf ihrer Seite. Die Preußen
befreiten sich kaum noch aus der Belagerung. Mit Carsten Gockel kam ein
nächster Stürmer, der für Entlastung sorgen sollte. Er flankte
auch gescheit auf Bäumer, aber erstens traf der Linksfuß den Pfosten
und zweitens soll der Ball vorher im Aus gewesen sein.
Die Schlussphase mit ihren gefährlichen Szenen gehörte den zuvor
sechs Mal in Folge sieglosen Leipzigern. Der eingewechselte Nemec scheiterte
an Gößling (78.), Zimmermann köpfte freistehend über
das Tor (81.). Civas Flachschuss wurde ebenso die Beute des starken
Preußentorwarts, der mit seiner letzten Tat auch die größte
vollbrachte, als er den Schuss von Ronny Kujat aus Nahdistanz ebenfalls
entschärfte (90.). Angesichts dieser Szenen nahmen die Preußen
eher glücklich einen Punkt mit und erreichten damit ihr Minimalziel.gsc
© Münstersche Zeitung
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