1:2 - So grausam kann Fußball sein
Leipzig. Es gibt Momente im Leben, in denen die Zuführung diverser
Alkohol-Einheiten durchaus zielführend ist. Gestern war so eine Gelegenheit,
sich die Lampen auszuschießen, das Erlebte druckbetankt zu vergessen
und mit einem veritablen Räuschlein von besseren, gerechteren Zeiten
zu träumen. Da machen die Sachsen-Fußballer ihr bestes Saisonspiel,
gehen durch einen Ronny-Kujat-Foulelfer 1:0 in Führung (37.), haben
Chancen zum zwei, drei, vier-null -und stehen am Ende nackt im eisigen Wind
- 1:2 gegen Bremen, so eine hundsgemeine Niederlage hat die Welt noch nicht
gesehen. BR> "Was soll ich den Jungs jetzt sagen?", barmte Coach Harry
Pleß, der noch lange nach dem Abpfiff wie ein Häufchen Elend auf
seinem Trainerbänkchen kauerte. "Wem soll ich heute einen Vorwurf machen?
Die haben gekämpft, klasse gespielt, eine Topmannschaft wie Bremen
beherrscht. Besser können wir nicht." Und, mit hörbarem Kloß
im Hals:"So weh hat mir noch keine Niederlage getan!"
Präsident Christian Rocca bewies Sinn für Anteilnahme und Symbolik,
saß seinem leidenden Angestellten fast auf dem Schoß. Botschaft:
Wir rücken jetzt noch enger zusammen, geteiltes Leid ist halbes Leid.
"Ich hätte 'ne gute Überschrift für Euch", meinte Rocca nach
mehrminütiger stiller Einkehr:"So grausam kann Fußball sein!"
Guter Vorschlag. Werder-Coach Thomas Wolter hatte die 90 Minuten irgendwie
ganz anders kanalisiert, sah keine Veranlassung, sich für die drei Punkte
zu schämen. "In der zweiten Halbzeit haben wir richtig gut dagegengehalten.
Wenn man oben steht, hat man eben auch mal das Glück und es rutscht
einer rein."
Einer wäre mit viel Sympathie für die fairen Werder-Bubis
(Durchschnittsalter 21 Jahre) ja noch zu tolerieren gewesen; deren zwei
entbehrten jeglicher Grundlage. "Die haben zweimal aufs Tor geschossen",
schüttelte Sachsen-Keeper Michael Rechner den Kopf. "Wir hätten
das zweite Tor machen müssen." Dann wäre vor 10 982 zwar frierenden,
aber glänzend unterhaltenen Zuschauern im Zentralstadion der Käse
gerollt gewesen.
Weil die Aufzählung aller Möglichkeiten auf keine Kuhhaut, geschweige
auf eine Zeitungsseite passt, hier nur ein "best-off". Vorm 1:0 wird ein
Mark-Zimmermann-Kopfball von der Line gewischt (6.), landet ein
Marion-Neunaber-Geschoss neben dem Pfosten. Nach Kujats Tor (Zimmermann war
zweifelsfrei gelegt worden) scheitert der Torschütze frei vor Manuel
Greil (40.), versagt der sonst grandiose Markus Richter aus sechs Metern
(51.), treffen Zimmermann (75.) und Neunaber (87.). Pfosten bzw. Latte. Werder
kommt zu seinen Treffern wie die Jungfrau zum Kinde. In der 72. Minute nutzt
Ahmet Kuru die erste Irritation in der Leutzscher Abwehr zum 1:1, sechs Minuten
später macht Stefan Beckert nach Abstimmungsfehler Nummer zwei das 2:1.
Und weil sich in Situationen größtenLeids aber auch alles gegen
einen richtet, war den Männern um Kapitän David Bergner nicht mal
das gemeinschaftliche Besäufnis vergönnt. Der enge Spielplan fungiert
als Tugendwächter:Dienstag spielen die Sachsen bei Schalke 04, drei
Tage darauf in Neumünster. Wenn es jemals eine Woche der Wahrheit gab:
Die folgende ist eine.
Guido Schäfer
© Leipziger Volkszeitung
FC Sachsen vorm Abstieg!
So viel Pech beim 1:2 gegen Bremen. Jetzt kaum noch Hoffnung
Toller Fußball, Applaus von den Fans. Nur, das Ergebnis stimmte wieder
nicht. Der FC Sachsen verlor gegen die Bremer Amateure mit viel Pech 1:2.
Jetzt wird´s mit dem Klassenerhalt in Liga drei ganz schwer.
Die Leutzscher von Anbeginn im Vorwärtsgang. Und mit Chancen: Richters
abgefälschten 10m-Schuss fingert Werder-Keeper Greil gerade noch über
die Querlatte (5.), Zimmermanns Kopfball klärt Kuru auf der Linie (6.).
Spiel auf ein Tor. Die Führung - nur eine Frage der Zeit. In der 39.
Minute is sie endlich da: Foul an Zimmermann, glasklarer Elfer! Kujat schnappt
sich den Ball und hämmert ihn halbhoch neben den rechten Pfosten. Jaaaaa,
das erste Tor des FC Sachsen im neuen Zentralstadion! Endlich!
Dann war wieder Richter dran- Aus 11m zielt er um Zentimeter am linken Alu
vorbei (54.). Das darf doch wohl nicht wahr sein! Die 11.000 Fans raufen
sich die Haare. Zumal sich das noch rächen sollte. 73. Minute: Bremens
Kuru zieht aus vollem Lauf von der Strafraumgrenze ab. Unter den Ellbogen
von Rechner (sah ziemlich unglücklich aus) ziescht der Ball zum 1:1
ins Netz. Und es sollte noch schlimmer kommen. Beckert aus 15m - drin im
rechten Winkel (79.). Doppeltes Pech. Leipzigs Zimmermann hatte zuvor den
rechten Pfosten getroffen. Gegen zehn Mann (Fütterer sah Gelb-Rot/84.)
traf Neunaber kurz vor Schluss wiederum nur die Querlatte. Aus.
"So grausam kann Fußball sein", war Präsident Christian Rocca
hinterher fix und fertig. Und Trainer Harry Pleß übte sich in
Durchhalteparolen: "Wir kämpfen trotzdem weiter - um die theoretische
Chance."
Stefan Krause
© Bild-Leipzig
Abstiegsgespenst spukt im Zenralstadion
Der FC Sachsen Leipzig geht ganz schweren Zeiten entgegen. Auch bei der
Flutlichtpremiere im Zentralstadion gab es keinen Sieg. Die Leutzscher unterlagen
den Amateuren von Werder Bremen mit 1:2.
Kujat erlöst die Sachsen-Fans
Die Leutzscher begannen wie die Feuerwehr. Bereits nach fünf Minuten
musste Gästekeeper Greil bei Zimmermanns Kopfball mit viel Mühe
klären. Auch Richter (12.) brachte aus Nahdistanz das Leder nicht an
Greil vorbei. Bremen kam nur einmal vor der Pause gefährlich auf. Rolfes
(7.) verzog aus 30 Metern. Dann fiel der von den Sachsen-Fans so lange ersehnte
erste Treffer im Zentralstadion: Kujat verwandelte einen Foulelfmeter ins
rechte untere Eck. Zimmermann war im Strafraum von Stropper gelegt worden.
Vier Minuten später hatte erneut Kujat die Chance zum zweiten Tor,
scheiterte aber aus fünf Metern an Greil.
Passive Leutzscher eiskalt bestraft
Nach dem Wechsel spielte nur noch Bremen. Schierenbeck scheiterte noch aus
Nahdistanz an Rechner (47.). Bei Rolfes Schuss (63.) hatten die Leutzscher
viel Glück. Dann überschlugen sich die Ereignisse: Kuru (73.) und
Beckert (79.) schlossen zwei mustergültige Konter mit strammen
Flachschüssen ab und drehten die Partie. Dazwischen traf Sachsens Zimmermann
(75.) nur den Pfosten. In der dramatischen Schlussphase wollte auch Neunabers
Hammer (88.) nicht ins Tor er traf die Querlatte.
Das sagten beide Trainer
Pleß (FC Sachsen): "Ich finde keine Worte, so enttäuscht bin ich.
Es hat einfach das zweite Tor gefehlt und dies wurde knallhart bestraft.
Wir haben gut gespielt, aber die zwei, drei hochkarätigen Chancen versiebt.
Ich kann mir nicht erklären, dass in diesem Stadion keine Siege eingefahren
werden können. Es fehlt nicht nur manchmal das Glück, sondern auch
manchmal die spielerische Klasse."
Wolter (Bremen): "Die erste Hälfte haben wir komplett verschlafen. Nach
dem Wechsel haben wir gut gegengehalten und uns die nötigen Konterchancen
erarbeitet."
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