Armselige Leutzscher Eiersuche endet 0:0
Leipzig. Es sollte die Auferstehung im Abstiegskampf werden, es wurde eine
Nullnummer, die Oliver Kahns E-Frage eindeutig beantwortete: Die Fußballer
des FC Sachsen haben keine Eier! Nicht mal zu Ostern. Das armselige 0:0 gegen
in allen Belangen bessere Uerdinger führte jegliche
Regionalliga-Daseinsberechtigung ad absurdum! Passend zur Gesamtsituation:Ronny
Kujat kassierte Gelb-Rot, fehlt in Braunschweig. "Regisseur" (An/Abführung
beabsichtigt) Pino Canale wurde mit einer Bänderdehnung im Knie vom
Platz getragen (68.), fehlt in Braunschweig. Und der für Michael Rechner
aufgebotene Marco Eckstein segelte verlässlich an jeder Flanke vorbei,
tolle Aussichten für Braunschweig (Sonnabend, 14 Uhr). Es war nicht
alles und jeder schlecht am Sonntag. Nehmen wir beispielsweise das Wetter.
Oder den 20-jährigen Innenverteidiger Markus Kraiczy, der bei seinem
ersten Drittliga-Einsatz Lust und Laune versprühte. Doch wo waren die,
die nach eigenem Anspruch (und Verdienst) voran gehen sollten? "Das war kein
Fußball, das war eine Katastrophe!", eierte Kujat nicht herum. "Ich
weiß nicht, wie wir mal ein Tor schießen können." Angesichts
der Begleitumstände fast peinlich, aber durchaus der Erwähnung
wert: Der Abstand zum rettenden Ufer ist am Sonntag von sieben auf sechs
Punkten geschrumpft - wunderbarer, unberechenbarer Fußball.
"Wir haben zu null gespielt, müssen das Positive mitnehmen", stellte
Sachsen-Coach Jürgen Raab nach seinem Wiedereinstieg höchste
Anforderungen an den Patriotismus der kurz vor der Fahnenflucht befindlichen
Anhänger. Weil man sich im Leben zweimal sieht (in Leutzsch zuweilen
des öfteren ...), hoppelte Uerdingens Übungsleiter Claus-Dieter
Wollitz als freundlicher Osterhase durchs Leipziger Nest, lobte die "laufstarke,
disziplinierte" Gegnerschaft, sprach von einem "leistungsgerechten 0:0" und
empfahl der Führungsriege "Ruhe und Gelassenheit". Dann werde er, Wollitz,
in der nächsten Regionalliga-Saison bestimmt wieder mit "irgendeiner
Mannschaft hier in diesem herrlichen Stadion spielen". Applaus, Applaus,
Applaus im Presseraum des herrlichen Stadions. Wollitz blickte nach der
Aufbauhilfe Ost zufrieden aus dem Trainingsanzug, zwinkerte seinem Kollegen
Raab aufmunternd zu und verabschiedete sich mit einem "Frohe Ostern! " Fehlt
nur noch, dass "Pele" zwei riesige Hasenzähne in die gebannt lauschende
Runde gebleckt hätte. Im Fahrstuhl nach unten in den Stadionbauch, wo
der KFC-Mannschaftsbus mit laufendem Motor wartete, wird sich Wollitz seine
Gedanken über das soeben in Stockwerk fünf gebohrte Dünnbrett
gemacht haben. Was man nicht alles brabbelt, wenn der Tag lang und der Gegner
so schwach ist. KFC-Kapitän Jörg Scherbe nahm weniger Rücksicht
auf den Leipziger Gemütszustand. "Man hat gemerkt, wie verunsichert
die waren. Von daher ist ein Punkt für uns eigentlich viel zu wenig."
Auch uneigentlich.
Scherbe und Co. waren den Leutzschern technisch, athletisch, in puncto
Spielintelligenz und leider auch willenstechnisch überlegen. Einziges
Manko:Effektiv war das, was die ohne Ausnahmestürmer Markus Feldhoff
(Gehirnerschütterung) kickenden KFCler boten, nicht. "Der letzte Pass
kam zu selten", meinte Scherbe. Und so ist die Liste an Uerdinger Chancen
extrem kurz. In der 2. Minute stocherten Thomas Reichenberger und Ahmet Cebe
aus Kurzdistanz vergeblich gegen den in dieser Szene todesmutigen Marco Eckstein.
Nach der Halbzeit landete ein Alexandro-Nouri-Freistoß am rechten
Außenpfosten (63.), zehn Minuten später bekam Orhan Özkaya
Aug in Aug mit dem im Blindflug heranrauschenden Eckstein Muffensausen und
köpfelte den Ball drüber. KFC-Keeper Toni Topalovic hätte
sich inErmangelung an Beschäftigung auch auf die Tribüne der
45000-Mann-Arena begeben und Gedanken wie diesen nachhängen
können:Mensch, Meier, Oberligafußball in so einem Stadion ...
Bleibt mein Trainer ...? ... Geht er zum brennend interessierten VfL
Osnabrück ...? "Warum reden immer alle von Osnabrück?", fragte
Claus-Dieter Wollitz, hörbar genervt. "Vielleicht bleibe ich ja auch
in Uerdingen." Oder gehe ganz woanders hin. InLeipzig stehen dem Osterhasen
nach dem sonntäglichen Auftritt alle Türen offen.
Im VIP-Raum des Zentralstadions kursierte dieser bitterböse Oster-Witz.
Was verbindet einen arbeitslosen Lehrer und den FC Sachsen? Beiden fehlt
die Klasse.
Guido Schäfer
© Leipziger Volkszeitung
0:0 gegen Uerdingen
FC Sachsen nur noch zum heulen
Geschäftsführerin Elke Weiße liess nach dem Abpfiff ihren
Gefühlen freien Lauf. Weinte minutenlang hemmungslos. Weil sie weiss,
dass der FC Sachsen abgestiegen ist. Nur noch Träumer glauben an den
Regionalliga - Klassenerhalt ( sechs Punkte Rückstand auf Platz 14 ).
Trotz Trainerwechsel. Trotz vieler warmer Worte für die Mannschaft.
Was die Leutzscher beim 0:0 gegen Uerdingen geboten haben - wirklich zum
Heulen! Völlig zurecht die Pfiffe der 6.543 Fans. Ein 25 m - Freistoss
von Kanitz ( rechts vorbei/ 5. ) und ein Kullerball von Kujat aus 6 m ( 73.
) - die einzigen Möglichkeiten in 90 Minuten.
Rabenschwarz muss man für den Rest der Saison sehen. Denn die dicken
Brocken ( Dresden, Essen, Wuppertal ) kommen erst noch! Und zu dünn
war das gegen Uerdingen, um als Drittligist ernst genommen zu werden:
Fehlpässe, Flanken ins Niemandsland, orientierungslose Leutzscher. Besonders
Bitter: die enttäuschten Fans hatten nicht wirklich den Eindruck, dass
sich die Mannschaft ( Ausnahme der junge Kraiczy ) im Abstiegskampf den Hintern
aufreisst.
"An der Einstellung liegt es nicht, die Stimmung ist absolut okay", versichert
aber Mark Zimmermann. Bedeutet, dass es die Sachsen einfach nicht besser
können. Der zurückgeholte Trainer Jürgen Raab stellt sich
vor seine Versager: "Die Jungs haben gefightet. Das sollte man honorieren.
Aber es fehlt einfach die Lockerheit. Dennoch ist hier nicht alles schlecht
und scheisse." Sehen die frustrierten Fans nach zwölf Spielen ohne Sieg
sicher anders.
Stefan Krause / Adrian Wittwer
© Bild-Leipzig
Leutzscher vor dem Absturz
Der FC Sachsen Leipzig hat auch gegen Uerdingen keinen Heimsieg einfahren
können. Nach der Nullnummer glauben wohl nur noch die größten
Optimisten an die Rettung.
Nach 15 Minuten war die Luft raus
Die Gastgeber versuchten von Beginn an Druck zu entwickeln und hatte nach
fünf Minuten die erste Chance. Kanitz hämmerte einen Freistoß
aus 28 Metern vorbei. Dann setzte sich Kujat durch. Seine Rückgabe von
der Grundlinie erreichte aber keinen eigenen Spieler. Zuvor hatten die Leutzscher
Glück, als Eckstein einen Nouri-Schuss erst im Nachfassen parieren konnte.
Nach 15 Minuten erlahmte das Angriffsspiel der Leipziger, Uerdingen zog an
und die Leutzscher wurden immer nervöser. Gefährlich wurde es nur
noch in der 36. Minute, als Zimmermann einen Kopfball neben das Krefelder
Tor setzte.
So winkt die Oberliga
Nach dem Wechsel erhöhten die Gäste den Druck und hatten in der
Person von Özkaya (55.) eine gute Möglichkeit. Eckstein klärte
zunächst einen Freistoß per Faustabwehr, der Nachschuss ging
drüber. Fünf Minuten später zischte ein Nouri-Freistoß
knapp am Pfosten vorbei. Die Gastgeber kamen eher zufällig zu Chancen.
Kujat scheiterte im Fallen aus fünf Metern an Keeper Tapalovic (70.).
Der beste Spieler der Leutzscher flog dann zu allem Überfluss nach Meckern
und Foulspiel mit Ampelkarte vom Platz.
Das meinten die Trainer
Raab (FC Sachsen): "Meine Mannschaft hat gekämpft und versucht, offensiv
zu agieren. Auch haben wir nur wenige Chancen des Gegners zugelassen. Die
Abwehr stand diszipliniert. Nach einer Viertelstunde folgt allerdings bei
uns eine Phase der Verunsicherung und Verkrampfung. Nur ein Tor könnte
diese Verkrampfung lösen können. Wir müssen sehen, ob der
Punkt hilft oder schadet. Ich bitte um Fairness. Wir haben in den letzten
zweieinhalb Jahren viel erreicht. Ich sehe meine Rückkehr als Neubeginn."
Wollitz (Uerdingen): "Ich hätte den Leipzigern gern ein Ei gelegt,
weiß aber auch, dass für den Leipziger Fußball viel auf
dem Spiel steht. Am Ende ist die Punkteteilung gerecht."
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