An sündiger Meile mit Chancen gesündigt
Hamburg. Wieder kein Sieg, bei zehn Punkten Rückstand und nur noch
fünf Spielen sind für den FC Sachsen wohl endgültig alle Messen
gesungen. Doch beim gestrigen 1:1 auf St. Pauli demonstrierte der Fast-Absteiger
eindruckvoll das, was ihm zuletzt viele Experten absprachen:
Regionalliga-Tauglichkeit. "Es ist schwer, die Gefühle in Worte zu fassen",
sagte Trainer Jürgen Raab, "ich bin stolz auf meine Mannschaft, die
hier drei Punkte verdient gehabt hätte, und ich bin traurig, dass wieder
ein kleiner Fehler bitter bestraft wurde und es nicht gereicht hat." Manager
Uwe Thomas registrierte "eines unserer besten Auswärtsspiele, aber der
riesige Aufwand ist nicht belohnt worden."
Nahe der Reeperbahn entwickelten die Leutzscher sofort freudvolle
Frühlingsgefühle. Vom Anstoß weg dauerte es genau 22 Sekunden,
bis es im Netz von Pauli-Keeper Hollerieth einschlug. Koslov hatte aus 20
Metern mit links abgezogen, ein Hamburger nach rechts abgefälscht. Koslovs
13. Saisontor schockte die Gastgeber und beflügelte die Leipziger, die
vor 1500 mitgereisten (und pausenlos feiernden) Fans eine unglaubliche erste
Halbzeit hinlegten. Vor allem Thielemann, von Raab überraschend direkt
hinter die Spitzen beordert, setzte spielerische Glanzlichter und hätte
bei seiner Doppelchance in der 9. Minute schon das 0:2 erzielen müssen.
Doch Hollerieth und mangelnde Konzentration im Nachschuss verhinderten eine
Vorentscheidung.
Imponierend, wie die Sachsen den Ball laufen ließen, wie auch Kujat
aufblühte, per Kopf und Volley-Versuch aus spitzem Winkel zwei Treffer
auf der Pfanne hatte. Jeweils Vorarbeit: Thielemann. Dann brillierte Kujat
als Einfädler, schickte von der Mittellinie Zimmermann, der freistehend
an Hollerieth scheiterte.
Und St. Pauli? Fand nicht statt, weil sich die Hamburger an der gut disponierten
Gäste-Deckung (Civa!) die Zähne ausbissen. Trainer Andreas Bergmann:
"Katastrophal, wir sind nie ins Spiel gekommen." Nur ein
Mölzl-Freistoß brachte Gefahr, aber Eckstein tauchte blitzschnell
ab und drehte das Leder um den Pfosten. Einziges Manko zur Pause: Die
überlegenen Sachsen sündigten an der sündigen Meile bei der
Chancenverwertung, statt 0:3 hieß es nur 0:1.
Das sollte sich rächen, denn nach dem Wechsel machte Pauli Druck und
kam gleich bei der ersten Gelegenheit zum glücklichen Ausgleich. Eckstein
musste in der 62. Minute einen 18-Meter-Knaller von Boll prallen lassen,
Akbel staubte zum 1:1 ab. Jetzt verloren die Leutzscher die Zweikämpfe,
jetzt fehlte die Entlastung, jetzt spielten fast nur noch die Gastgeber,
jetzt wachten die 17 820 Zuschauer am Millerntor auf und hatten mehrfach
den Torschrei auf den Lippen.
Erst in der Schlussviertelstunde gab es wieder Leutzscher Lebenszeichen und
Kontermöglichkeiten durch Zimmermann und Ferl, aber erneut fehlte vor
dem Kasten die Cleverness. Finale Höhepunkte des offenen Schlagabtauschs:
ein halb nackter Flitzer wurde von Ordnern vom Rasen gezerrt (83.),
Pauli-Verteidiger Morena kassierte nach Foul an Nemec (87.) Gelb-Rot, ein
Radojicic-Kopfball in der Nachspielzeit wurde noch von der Torlinie geschlagen.
Fazit: Auch im 15. Spiel in Folge kein Sachsen-Sieg, obwohl die Mannschaft
nahe dran war. Eine achtbare Leistung bei der Abschiedstour aus der Regionalliga
war es allemal. Raab bescheinigte besonders Thielemann ("Seine Dynamik hat
uns gut getan, hinter den Spitzen ist er wertvoller"), Abwehrchef Civa
("souverän") und Manndecker Radojicic ("nach langer Pause eine starke
Vorstellung") einen gelungenen Nachmittag. Die Sachsen-Anhänger bejubelten
ihr Team noch Minuten nach dem Abpfiff. Raab: "Danke an die Fans, für
das Team ist das eine große Motivation und Verpflichtung." Thomas meinte
trotzig: "Wir kommen wieder."
Steffen Enigk
© Leipziger Volkszeitung
Hätte der FC Sachsen doch immer so gespielt
1:1 bei St. Pauli! Blitztor von Koslov und richtiger guter Fußball
So spielt eigentlich kein Absteiger ...
Die rund 2000 Leipziger Fans feierten ihren FC Sachsen nach dem 1:1 auf St.
Pauli. Ein tolles Spiel wars, ein großer Kampf vor insgesamt 17 800
Zuschauern. Nur - die Sieglos-Serie (nun bereits seit 15 Spielen) konnte
wiederum nicht gestoppt werden.
Dabei wars ein Auftakt nach Maß: Gerade mal 22 Sekunden waren gespielt,
als Koslov mit einem abgefälschten 18m-Schuß zum 1:0 für
die Leutzscher (sein 13. Saisontor) traf. Und weiter gings mit Fußball,
der endlich mal begeisterte. Der starke Thielemann aus 15m - Pauli-Keeper
Hollerieth mit Blitzreflex (9.). Kujats Heber verfehlte das rechte Dreiangel
nur knapp (27.) Zimmermann scheiterte frei vor Hollerieth (40.). Kujat: "Wir
hätten das zweite Tor machen müssen."
So kam es wie sie so oft: Pauli drückte nach der Pause auf den Ausgleich
und erzielte ihn auch. Akbel staubte ab, nachdem Eckstein einen Knaller von
Bau nur abklatschen konnte (62.). Mehr ließ die Sachsen-Abwehr (mit
Civa als Libero/Bergner war gar nicht im Kader) allerdings nicht zu. Ließ
sich auch davon nicht nervös machen, als plötzlich ein halbnackter
Flitzer (nur den Slip hatte er noch an) über den Rasen huschte (81.).
Turbulente Schlußphase: Morena musste nach Foul an Nemec mit Gelb-Ro
runter (86.). Radojicic köpfte Hollerieth aus 7m nur in die Arme (90.).
Verschenkte so den möglichen Sieg. Almedin Civa: "Schade drum, es war
eines unserer besten Spiele." Trainer Raab indes hatte noch ein Extralob
für die Fans parat: "Für die muss man sich einfach zerreißen."
Adrian Wittwer
© Bild-Leipzig
Sachsen überzeugt - aber wieder kein Sieg
Sachsen Leipzig hat auch bei St. Pauli den Bock nicht umwerfen können.
Trotz Klasse-Leistung kam der FCS nur zu einem 1:1 (0:1) und wartet weiter
auf den ersten Sieg seit November 2003. Das rettende Ufer Nichtabstiegsplatz
ist fünf Spieltage vor Saisonende nun schon zehn Punkte entfernt.
Koslov trifft nach 22 Sekunden
Dabei hätten die Grün-Weißen bei St. Pauli den Sieg verdient
gehabt. Nach früher Führung durch Koslov, der 22 Sekunden nach
Anpfiff einen abgefälschten Ball versenkte, dominierte die Raab-Elf
am Millerntor. Bis zur Halbzeit hätte man 3:0 führen können:
Thielemann (9.) und Zimmermann (41.) standen jeweils allein vor Pauli-Keeper
Hollerieth und hätten erhöhen müssen. Ihnen versagten aber
die Nerven.
Sachsen-Abwehr stand. Zumeist.
Nach dem Wechsel übernahm Pauli die Regie. Die Sachsen-Abwehr stand
aber meist und ließ nur zwei Chancen zu. Eine nutzte Akbel zum Ausgleich,
als er nach gehaltenem Boll-Schuss aus acht Metern abstaubte (62.). In der
Nachspielzeit hatte der Leipziger Radojicic dann doch noch den Siegtreffer
auf dem Kopf: Nach Ecke von Schönberg wurde sein Ball aber von der Torlinie
gekratzt.
Raab: "Schwer, Gefühle in Worte zu fassen"
Verständlich, dass FCS-Trainer Jürgen Raab nach dem Spiel um Fassung
ringen musste: "Es ist schwer, bei unserer Situation und diesem Spiel seine
Gefühle in Worte zu fassen," so der Coach: "Wir wollten das Spiel gewinnen.
Leider ist unsere starke Leistung nicht belohnt und stattdessen ein kleiner
Fehler sofort bestraft worden. Wenn jemand einen Sieg verdient hätte,
dann wir. Wir haben bewiesen, dass wir das Potenzial für die Regionalliga
haben und wollen das in den nächsten Spielen mit Siegen unterstreichen.
Insgesamt war es ein gutes Spiel mit fantastischem Rahmen. Es hat Spaß
gemacht, hier Fußball zu spielen."
Bergmann: "Das haben sie bewiesen"
Wenig tröstlich, dass St.-Pauli-Trainer Andreas Bergmann den Leipziger
Kampfeswillen lobte: "Wir haben in der ersten Halbzeit eine katastrophale
Leistung gezeigt. Wir wussten, dass Sachsen kämpfen und spielen kann.
Das haben sie bewiesen. Auf unserer Mannschaft lastet großer Druck,
wir müssen jede Woche gewinnen. Das war heute keine große Leistung
meiner Mannschaft. Am Ende haben wir einen glücklichen aber letztlich
verdienten Punkt, der wichtig ist."
© www.mdr.de
1:1 - Kiez-Klub quält die leidgeprüften Fans
»Immerhin verlieren wir diese Spiele nicht mehr« / Klassenerhalt
greifbar
Es war schlimm, aber zweckdienlich. "Dieser Punkt wird uns noch richtig helfen",
atmete Achim Hollerieth, Keeper des FC St. Pauli, nach dem unansehnlichen
Kick beim 1:1 (0:1) vor 17802 Fans gegen Sachsen Leipzig durch. "Klar, war
es unansehnlich. Aber immerhin verlieren wir diese Spiele nicht mehr",
ergänzte Patrick Mölzl. Und: "Wir haben den Abstand nach unten
gehalten." Sechs Zähler sind es fünf Spieltage vor Schluss - das
sollte doch reichen.
Ganze 21 Sekunden sind gespielt, da ist die Euphorie aus zwei Siegen
hintereinander bereits verflogen: Koslov hält aus 17 Metern drauf, Marco
Gruszka fälscht das Leder ab, Hollerieth ist chancenlos. 0:1 in der
ersten Minute! "Ich habe gewusst, dass es schwer wird", stöhnt Coach
Andy Bergmann. Der Treffer zeigt Wirkung. Wie ein angeknockter Boxer taumelt
Pauli von einer Verlegenheit in die nächste, Fehlpass reiht sich an
Fehlpass, keine Idee, kein gar nichts. Den Gästen dagegen, seit 14 Partien
sieglos, macht das Match immer mehr Spaß. Thielemann (9.) und Kujat
(26.) haben das zweite Tor auf dem Fuß. Bergmann: "Katastrophal, diese
erste Hälfte!" Es kann nur noch besser werden.
Wird es aber nicht. Die Partie vor Bundesliga-Kulisse hat höchstens
Oberliga-Niveau. Wie aus heiterem Himmel plötzlich der Ausgleich: Patrick
Mölzl entgleitet aus 20 Metern der erste (!) Torschuss der Hausherren,
was Gäste-Keeper Eckstein derart überrascht, dass er den Ball prompt
vor die Füße von Yusuf Akbel abklatscht. Der junge Türke
lässt sich nicht zweimal bitten, netzt ein (62.). Weitere Highlights
gibts erst in der Schlussphase. Hollerieth fängt zunächst einen
"Flitzer" (allerdings noch mit Schiesser-Feinripp über den Lenden, 85.)
und dann einen gefährlichen Radojcic-Kopfball (90.). Zwischendurch fliegt
Fabio Morena mit Gelb-Rot (88.). Fazit Bergmann: "Wir stehen seit Wochen
nur unter Strom. Und dieser Punkt war ganz unglaublich wichtig."
Buttje Rosenfeld
© Hamburger Morgenpost
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